Donnerstag, 16. Oktober 2014

Warum Thailand kein Land für FKK-Freunde ist

 Wenn man die weiten und zum Teil menschenleeren Strände  in Südthailand das erste Mal sieht, möchte man sich sofort ausziehen und ins Wasser stürzen. Pech für alle, die weder  Badeanzug noch Badehose  dabeihaben, denn große Schilder warnen den Besucher, sich anders als mit vollständiger und angemessener  Badebekleidung am Strand zu bewegen.

Mit dem Hinweis auf  die Kultur im Lande wird sogar das Topless-Baden untersagt, allerdings jetzt doch an vielen Stränden meist geduldet. 

Der irritierte Besucher kommt nun gerade aus Bangkok, hat einen Zug durch alle wichtigen Tempel am Tage und das Vergnügungsviertel in der Nacht gemacht und fand letzteres überhaupt nicht prüde. Wieso sollte hier plötzlich ein blanker Busen die Kultur durcheinander bringen?

Ich lebe nun schon eine Weile  im Lande und will versuchen, etwas  Verständnis für die  Mentalität seiner Bewohner zu wecken und dem Besucher einige nützliche Hinweise geben.

เรียบร้อย riabroi - ordentlich angezogen

Nicht in jeder Sprache gibt es ein Wort für "ordentlich angezogen sein". Was das Wort เรียบร้อย angeht, so bedeutet es auch "fertig", hier im Sinne von fertig angezogen, sittsam und ausgehfertig.

Für Männer heißt das: Lange Hosen, Socken, geschlossene Schuhe,  helles Hemd ohne wilde Muster. Für normale Zwecke, also zur Arbeit, reicht eine dunkle Hose und ein weißes Hemd völlig aus, nach Bedarf abgerundet mit einer Kravatte. Hochoffizielle Anlässe erfordern das Tragen eines Jackets, trotz der gängigen Temperaturen von ca. 30°C im Schatten.

Den Füßen wird  im Gegensatz zum Kopf ein sehr "schmutziger" Status zugewiesen, deshalb sind Sandalen ohne Socken eben nicht  "riabroi".  Ein schlimmes Vergehen ist es, mit den Füßen auf etwas zu zeigen oder gar eine wegrollende Münze wie anderswo üblich mit dem Fuß festhalten zu wollen. Auf allen Münzen und Geldscheinen ist nämlich ein Bild des von den Thais  sehr verehrten Königs.

Die oben genannte männliche Bekleidung kann auch durch eine Uniform ersetzt werden, das  wird gern genutzt, weil  es zwei entscheidende Vorteile bietet:  Uniformhemden sind  meist kurzärmelig und man trägt keine Kravatte.(  eigentlich "Ein Tuch aus Kroatien/Hrvatska", das sich die Soldaten vor 200 Jahren um den Hals banden )  Aufgerollte Ärmel sind, wie sich der Leser schon denken kann, nicht  "riabroi", so wird der ansonsten ordentlich gekleidete Besucher des Königspalastes stets aufgefordert, seine Ärmel bei Betreten der Anlage herabzurollen. Nicht die blanken Arme sind das Ärgernis, sondern eben der unordentliche Zustand der Kleidung.

Die Einzigen, die kurze Hosen tragen dürfen, sind Schulkinder bis zur 4.Klasse und Pfadfinder.  Bei denen ist die kurze Hose Uniform, und deswegen  kann man gelegentlich auch erwachsene Pfadfinder mit kurzen Hosen sehen.

Schuluniformen sind Pflicht, für Jungen und Mädchen. Das soll nach englischem Vorbild Herkunft und Einkommensunterschiede nivellieren, tut es aber natürlich nicht. Einen teueren Stoff erkennt man immer, und wer arm ist, trägt eben abgewetzte Hosen und Röcke.

Wobei wir endlich bei der Damenbekleidung wären:  Rock und Bluse als Schuluniform,  mit weißen Söckchen und  Schuhen. Für die Damen, dazu zähle ich mich ja nun auch,  ist die Hose allerdings das Kleidungsstück der Wahl, nur eben nicht zu offiziellen Anlässen. Eine Lehrerin hat auf jeden Fall Rock und Bluse oder Kostüm zu tragen, und ganz wichtig, einen Büstenhalter. Auch wenn es bei meinen Geschlechtsgenossinnen eigentlich nicht viel zu halten gibt, der muß sein!

Auch nur die Andeutung einer Brustwarze unter dem Stoff eines  Hemdes qualifiziert die Trägerin als minderwertig ab, mit der Ausnahme von sehr alten Frauen. Büstenhalter gibt es in Mengen überall zu kaufen, auch auf dem Markt. Sobald ein Mädchen nicht mehr völlig platt ist, bekommt es den ersten BH und trägt ihn auch mit Stolz.

Eine sehr schöne Vorschrift gib es seit noch nicht langer Zeit: an einem Tag der Woche ist das Tragen traditioneller Kleidung in Firmen und öffentlichen Einrichtungen  erwünscht.

Männer haben wieder einmal nichts davon, denn das traditionelle Kleidungsstück für den thailändischen Mann ist ein großes Stück Stoff, wie ein überlanges Küchentuch,  mit Namen Pakama,  das um die Hüften geschlungen wird. Nach Bedarf  können die freien Enden zwischen den Beinen durchgezogen und vorne verknotet werden, das ergibt dann eine Art Hose. Das Ganze ist etwa knielang und wird aus von "assimilierten" Ausländern gern im privaten Bereich getragen.

Ein Freund beschreibt das so: " wer auch immer die Hose für Männer erfunden hat, gehört erschlagen!  Seit ich diesen Pakama trage, nur im Hause und im Garten natürlich, weiß ich endlich, wie sich die Griechen und Römer gefühlt haben müssen. Nichts scheuert, nichts engt ein, einfach herrlich. Ich falte den Pakama einmal in der Mitte, dann ist er nur halb so breit, bedeckt gerade den Hintern. Vorn hängt das Ende etwas tiefer herunter. Das ist dann zwar nicht so sittsam  wie die originale knielange Version, aber noch bequemer. Egal, wie heiß es ist, es ist luftig darunter, man(n) möchte nie wieder eine Hose anziehen."

Ich kann das nachvollziehen, wenn ich an an das Gebaumel denke, das den Männern doch in einer Hose fürchterlich im Weg sein muß.

Aber weiter:

Frauen trugen früher ein ähnliches Kleidungsstück und oben herum nichts, wie auf alten Gemälden schön zu sehen  ist. Die Zeiten sind aber lange vorbei,  dafür gibt es aber entzückende, goldbestickte Wickelröcke mit passenden Oberteilen, die nun wirklich "riabroi" sind.  Der Rock reicht bis zu den Knöcheln und liegt ebenso wie das Oberteil sehr eng an.  Je nach Anlaß trägt man diese traditionelle Kleidung  eher schlicht und einfarbig oder  elegant und mit viel Gold.

Natürlich gelten alle diese Bekleidungssitten auch in ähnlicher Form für die große Anzahl der Prostituierten in Thailand. Sicher  sind die Röcke sehr viel kürzer, die Blusen enger, aber ein Büstenhalter wird doch immer  getragen.   Die Mädchen sitzen ja nicht wie in Amsterdam in ihren erleuchteten Fenstern, sondern arbeiten in Bars, gehen zwischendurch essen und mit den Freiern ins Hotel. Natürlich erkennt jemand, der schon länger im Lande lebt, eine Prostituierte praktisch sofort und überall,  an der Kleidung, and der Art, wie sie sich bewegen.

Um aber wieder zum Thema zu kommen:

Auch die Mädchen, die nackt in den einschlägigen Etablissements tanzen, würden am Tage niemals oben ohne an den Strand gehen. Hier schlägt die von Kindesbeinen eingeübte Kultur zu, einen anständige Frau zeigt nicht ihre Brüste oder gar mehr.  Das Tanzen in den Bars ist gewissermaßen eine
Ausnahmesituation zum Zwecke des Gelderwerbs.

Den Anblick ihres Körpers darf eigentlich nur der Ehemann genießen, sonst niemand. Selbst im eigenen Haus wird nicht nackt herumgelaufen, etwa vom Bad ins Schlafzimmer. Ich  selber finde natürlich  nichts dabei, schon garnicht bei über 30 Grad im Schatten,  und habe mein Hausmädchen beim ersten Mal gehörig   erschreckt, als ich nackt  zwischen Bad und meinem Zimmer unterwegs war,  im Haus gibt es leider oder zum Glück keine Aircondition.

Völlig undenkbar wäre  es für Thailänderinnen, in  eine öffentliche Sauna zu gehen. Gibt es dort auch nicht, mit Ausnahme von einigen modernen Gyms. Aber das sind reine Schwitzkästen, für Männer und Frauen fein säuberlich getrennt.

Wenn ich mal erzähle, daß Männer und Frauen  in Deutschland gemeinsam unbekleidet  duschen,  schwitzen   und  schwimmen,  werden selbst  erfahrene Ehefrauen knallrot und können sich kaum noch beruhigen. Das Kichern nimmt kein Ende, wenn ich erzähle, daß die sich dann womöglich auch noch gemeinsam, nackt und schamlos in eine Whirlpool setzen - Jacuzzi heißt das hier und wird nur in Badekleidung benutzt.

Nackheit und Sex sind völlig untrennbar miteinander verbunden, das bestätigt auch ein Blick in die Tagespresse.  Thailand  hat zwei große englischsprachige Tageszeitungen und ein Dutzend thailändische.  Dazu kommen alle möglichen Magazine, die wöchentlich oder einmal im Monat erscheinen.
Allen gemeinsam ist, das weder auf den Titelseiten  noch im inneren ein blanker Busen zu sehen ist, jedenfalls  nicht bei den frei verkäuflichen.  Playboy und andere Magazine gibt es ganz hinten in den klimatisierten Buchhandlungen, meist in Plastik eingeschweißt.

Wagt es dann mal eine Tageszeitung, ein unscharfes Bild einer Frau mit unbedeckter Brust zu veröffentlichen, ist die Aufregung groß. Nicht etwa, daß die Zeitung eingezogen würde,  Thailand hat eine ziemlich freie und mutige Presse, nein, der Aufschrei in den anderen Publikation hallt noch Tage wieder. Von Gefährdung der Jugend ist die Rede, moralischem Verfall und verwestlichten Sitten.  Das eben die gleichen Blätter täglich seitenlange Berichte über aufgedeckte Korruptionsskandale bringen,  deren moralische Verwerflichkeit ich wesentlich höher einstufe, das tut nichts zur Sache. Daß die männliche Jugend sich  im Badehaus trifft, wird nicht erwähnt.

 Aber wieder zurück zum Thema:

Abgesehen von einigen Inseln, die geschäftstüchige Thais für Nacktbader anbieten, ist die Freikörperkultur kein Thema. Und wo sie nicht erwünscht ist, sollte man sie auch nicht praktizieren, und wenn die Strände noch so dazu einladen. Die erwähnten Inseln  haben einen schlechten Ruf, da würde ich persönlich nicht hinfahren. Ich habe mir extra einige schicke Bikinis gekauft, um baden zu gehen ohne Anstoß zu erregen. Hier für alle Freunde aber noch ein Strandfoto von mir. Jaa, früher mußte man noch mit der Hand schreiben!

Gern würde ich auch,  wie früher in Deutschland, nackt im Garten herumlaufen,  aber das ist natürlich völlig unmöglich. Nur im Obergeschoß unseres Hauses geht das, weil niemand durch die mit Fliegengitter versehenen Fenster  hereinsehen kann. Dann sitze ich eben wie von Gott geschaffen   splitternackt am Klapprechner  und  schreibe an meinem Roman, langsam dreht sich über mir der พัดลม patlom ("Luft schlagen")  genannten Deckenventilator.
Den Roman "Josephine"  findet ihr im Internet, als meinen persönlichen Beitrag zum book-on-demand, also zum Herunterladen und Drucken oder natürlich auch online Lesen. 

Kommt überraschend Besuch, streife ich nur  mein "Pasin" über, ein  dünnes Wickeltuch, das über den Brüsten zusammengesteckt wird und bis zu den Knien reicht.
Für Freunde und Bekannte ist das eine völlig ausreichende Bekleidung im Haus und im Garten, und sonst besucht mich eigentlich niemand.  Zum Ausgehen muß ich mich natürlich "ordentlich" anziehen.

Dieses ( oder dieser ? ) Pasin ist auch auf Reisen sehr nützlich, als Umkleidekabine am Strand zum Beispiel. Einfach oben mit den Zähnen festhalten, und schon kann man sich drunter bequem umziehen.
Die Frauen auf dem Lande schaffen es sogar, sich damit zu waschen. Irgendwie  werden Stoff und Körper gleichzeitig eingeseift und dann mit viel Wasser aus einem Bottich abgespült. Nicht jeder hat schließlich ein Badezimmer ......

Die Thais sind nicht nur ein sehr freundliches Volk, sondern auch ein sehr reinliches. Einmal duschen am Tag ist das Mindeste, zweimal ist besser.  Das zweite Mal dann abends nach der Arbeit und vor dem Essen gehen. Denn die Thais sind auch ein Volk von Feinschmeckern mit einer  hochstehenden Eßkultur. Die Hälfte der Leute ist immer am Essen, und die andere Hälfte redet übers Essen.....

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